Transalp 2008


wolfgang könnte das jetzt besser als ich, dennoch versuche ich kurz, die nackten zahlen unserer tour wiederzugeben: 475 km über stock und stein, über 10.000 (teilweise kletter-) höhenmeter und eine netto-fahr-(und schiebe-) zeit von 32 stunden an 4 und zwei halben fahrtagen.

was die zahlen nicht ausdrücken können, ist das gefühl, nach einem langen und brutalen aufstieg den gipfel zu erreichen. wenn man sich zwei tage lang ständig bergauf kämpft, in immer kleinere seitentäler abbiegt, irgendwann das ende der 20% steilen straße erreicht, dann das ende des fahrbaren weges und noch später das ende des weges überhaupt. wenn man mit dem bike am rücken die letzten felsen raufklettert und sich plötzlich das gesamte panorama auf der anderen seite vor einem ausbreitet. dann werden selbst erfahrene biker schwach. je schwieriger der aufstieg, umso großartiger ist dieses gefühl!

mit dem berüchtigten eisjöchl haben wir uns heuer bewusst den höchsten (halbwegs) fahrbaren alpenübergang auf die tour gesetzt. von bozen aus ging es am ersten tag über meran und naturns hinein ins schöne schnalstal, dann ins pfossental, hinauf zum eishof, wo wir unsere erste nacht auf 2.076 metern verbrachten. am nächsten morgen schon um 0550 auf (wie jeden tag), ausgiebiges hüttenfrühstück, um für den härtesten tag kräfte zu schöpfen. oben am eisjöchl fährt keiner mehr, da ist schieben schon eine leistung...


die spitzen steinplatten bescherten uns bei der harten abfahrt gleich zwei platten, was unsere kleine pumpe leicht überforderte. die südtiroler speckknödelsuppe und das speckomlette auf der lazins-alm schmeckten dafür umso besser. high speed abfahrt nach moos und sofort wieder rauf richtung schneeberg. wie jeden nachmittag konnte man von irgendwo her das donnergrollen durch die täler hören und nur hoffen, dass es nicht zu schlimm wird. regenjacke und rucksack-überzug haben wir aber jeden tag gebraucht.

der letzte abschnitt auf die schneebergscharte mit ihren 2.700 m (wolfgang zeigt sie euch) wäre schon ohne rad verdammt hart. wir mussten zusätzlich noch die bikes über felsstufen raufheben, was ein schönes oberkörper-krafttraining ergibt. bis runter zum poschhaus auf 2.113 metern war mit fahren auch nicht viel und so schafften wir es gerade noch bis zur hütte, ehe der abendregen einsetzte. die bikes verbrachten die nacht im kuhstall und wir ohne dusche auch nicht mit viel mehr komfort... =O) wenigstens konnte das gewand über dem extra für uns eingeheizten kachelofen trocknen.

am nächsten morgen high speed abfahrt ins tal nach sterzing und bei einer bäckerei auf der fußgängerzone einen berg croissants vernichtet. bei 6 bis 7 stunden netto-fahrzeit jeden tag schmeckt alles dreimal so gut und die kulinarischen genüsse auf so einer transalp alleine sind die tour schon wert! das extrembeispiel hierfür sollte auf den fuß folgen, als aus den 1.000 hm hinter brixen gleich 1.200 wurden und wir mit wasser, energien, verpflegung und kräften komplett am ende waren und echt am zahnfleisch dahinkrochen, während die serpentinen kein ende nehmen wollten. auf der harten abfahrt zitterten mir komplett unterzuckert die knie. doch das glücksgefühl, als wir zum ersten mal die zackige felsenkulisse der dolomiten über der malerischen almlandschaft rund um vilnöss erblickten, ist einfach unbeschreiblich.

das nächste gasthaus wurde förmlich von uns überfallen und noch bevor der salat den tisch erreichte, hatten wir das gesamte brotkörberl mit der halben öl-flasche und dem salzstreuer vernichtet. was dann folgte war eine völlerei, wie sie im buche steht. zum krönenden abschluss kreierten wir uns noch aus allen zur verfügung stehenden nachspeisen das super-transalp-dessert, das alleine schon otto wanz zum aufgeben gezwungen hätte. kein wunder, dass uns am letzten anstieg des tages allen schlecht war. zum glück zwang uns der regen bald zum einchecken auf der geisler-alm, die so kitschig wunderschön ist, dass man sich in einem heimatfilm wähnt.

nach 2 tagen staub und schweiß war die heiße dusche ein genuss mit allen sinnen, so was muss man erlebt haben. ein paar speckknödel später ging es ab in den schlafraum, wo christian mit seinem schnarchen die deutschen kinder noch lange wach halten sollte. um 0550 weckten wir sie dann noch mal, als wir unsere sieben sachen zusammenpackten (mehr hatten wir wahrscheinlich echt nicht mit) und ohne frühstück den berüchtigen adolf-munkel-trail rüber zur brogles-alm in angriff nahmen. auf der panoramastraße glaubt man echt, man träumt noch, oder man ist über nacht gestorben und fährt hier im himmel herum. anders kann es dort nämlich auch nicht ausschauen. schafe weiden friedlich neben ziegen, junge pferde jagen einander über die grünen hügel und die kühe mit ihren glocken runden die alm-idylle ab. christian trieb eine ganze schafherde vor sich her, wolfgang erzählte einem jungen pferd, wieviele höhenmeter wir am anreisetag noch geschafft hatten und ich hielt wie immer alles einhändig fahrend fotografisch fest.

die abfahrt nach st ulrich war ein traum, ebenso die krapfen und toasts in der fußgängerzone. bei 8 C am berg und 36 C im tal sind sämtliche gewandteile stets im einsatz und trocknen während der fahrt wieder außen am rucksack. der aufstieg zur romantischen seiser-alm ließ uns wieder die augen übergehen und wir schworen uns, nächstes jahr den großteil der tour durch die dolomiten zu legen. über den passo duron ging es wieder hinab ins ladinische tal nach moena, wo wir verzweifelt ersatz für unsere abgebremsten bremspackeln suchten. noch einmal ging es hinauf auf den karerpass, wo schon wieder donner zu hören war und wir hofften, dass uns der regen nicht erwischen würde.

der regen war dann echt nicht so schlimm, nur die ping-pong-ball-großen hagelkörner hätten uns fast erschlagen... geduckt unter unseren rucksäcken wurden wir bombardiert, dass es echt zum fürchten war. die schweren körner im km-langen freien fall schlugen auf unseren helmen, rädern und schuhen auf wie artillerie-feuer. wolfgang wähnte nach diesem brutalen angriff schon sein carbon-rad demoliert, in meinem rucksack blinkten alle beleuchtungen und christian hatte gott sei dank das gps in sicherheit gebracht, so konnten wir schnell in obereggen beim förster einchecken, der mir mit dem gewehr in der hand die tür öffnete. hier waren wir sicher!


selbstverständlich wurden von uns jeden abend die räder akribisch gereinigt und die ketten geölt. erst das gerät, dann der mann. wie beim bundesheer. =O) am nächsten morgen erzählte uns die försterin zum frühstück unter hirschgeweihen von den europacup-schi-erfolgen der tochter, während sie sich wunderte, wie wir in paar minuten 4 liter fruchtsaft vernichten konnten. wenn die hirsche nicht schon ausgestopft gewesen wären, hätten wir uns die auch noch in ein semmerl reingeschnitten. auf der morgen-abfahrt kratzte wolfgang mit dem schiebenden rekord-gewicht seines nepal-rucksacks an der 80 kmh marke. respekt!

wenig später sollten sich dann unsere wege trennen. in leifers verabschiedete sich der mann der zahlen noch mit einem kompakten zwischenbericht über die zurückgelegte distanz und dem mittlerweile obligatorischen quervergleich mit transalps vergangener jahre richtung bozen. christian und ich beamten uns im mannschaftszeitfahren durch das flache etschtal hinunter. da gings echt gut dahin. bei 30-40 kmh auf der geraden rollten die abgefahrenen stollenreifen nicht schlecht. die legende berichtet, dass wir sogar den zug überholt haben. fakt ist, dass wir bei unserem tempo an unserem mittags-ziel in rovereto vorbeisausten und wohl an der adria rausgekommen wären, hätte sich das gps nicht gemeldet. beim ironman-lanzarote-wirten schlugen wir uns die bäuche voll, bevor wir die letzte etappe nach torbole angingen.

nach einer serpentine öffnete sich dort der ausblick und dann war er da - der gardasee. majestätisch glitzernd und ruhig eingebettet in 2.000 meter hohe berge. hunderte surfer nutzten den sonnigen tag und das flache wasser. wir flogen die letzten meter hinunter und belohnten uns erst mal mit riesigen gelati! eingecheckt bei casa daniela gings an den strand, wo wir uns komplett erledigt unter die coolen surfer mischten. mit einem bier ging es in das kühle nass des sees. das hatten wir uns verdient! am nächsten morgen fuhren wir schon wieder zurück nach rovereto, mit dem zug nach bozen, fast ohne umweg zum auto und weiter nach salzburg auf ein weißbier mit kollegen florian und co. um 0100 erreichten wir mit letzten kräften simmering und freuen uns schon auf die peitler-wiesen und die fanes-alm im nächsten jahr!!!

euer transalp-team 2008: wolfgang "der mann der zahlen" quirchmayer, christian "gipfelstürmer" neiger und lucky "beaming down the etsch-tal" snick

6 Kommentare:

Schafspelz hat gesagt…

Wahnsinn! Märchenhafte Ausblicke! Beißerg'schichtln! Alles was das Triathletenherz begehrt. Reizt mich jetzt auch einmal soetwas zu machen.

Pete hat gesagt…

Ein Traum, Burschn! Tolle Geschichte, sehr wahrscheinlich eine noch tollere Transalp, wenn man live dabei sein kann. Ich wäre gerne mit meiner roten Laterne mitgefahren.
Ciao, Pete

Anonym hat gesagt…

Sehr geil! Irgendwann mach ich das auch mal.

Einen Vorschlag fuer wahre Masochisten (nicht dass ich Euch dafuer halten wuerde, nein!!! *ggg*) haett ich da noch, wenig Berge aber auch was fuers MTB.

Transamazonica -
http://www.transamazon.de/

;-) lg m!

IronChris hat gesagt…

Danke für den coolen Artikel Snick! Ich bin froh, dass ich an deinem Hinterrad bleiben konnte beim legendären "beaming down the etsch-tal". So schnell bin ich über eine so eine Distanz noch nie mit dem MTB geglüht.
Keep on baeming!
Aloha
IronChris

Anonym hat gesagt…

Wolfgang said...

Dein Artikel, Jo, ist wiedereinmal sehr erfrischend zu lesen. Vielen Dank dass ich nicht einmal einen Tag zusammenfassen musste. Hatte übers Weekend schon ein schlechtes Gewissen, dass ich noch nichts geliefert habe, darum umso größer die Freude am Montag Morgen.

Ergänzend darf ich vielleicht noch die ein oder andere GOLDENE REGEL erwähnen, die wir im Zuge dieser Tage aufgestellt haben.

Die wichtigste ist sicher einmal, dass man niemals Luft aus einem Reifen auslässt. Ironchris kann Euch sagen, warum das wirklich so wichtig ist. Ich sag nur - wer sein Rad liebt, der schiebt es ;-)
Eine weitere wichtige goldene Regel betrifft das Mittagessen. Hiervon können wir alle ein Liedchen singen. Auch nach einer Zahnfleischpartie empfiehlt es sich nicht die gesamte Speisekarte eines Lokals aufzuessen, auch wenn es der Magen im Ruhezustand verträgt. Die anschließenden Höhenmeter werden dann zur Qual. Ich hatte im übrigen noch 1,5 Tage nach unserer Tour im Magen ein Stechen davon.
Zwei weitere goldene Regeln betreffen Ersatzteile bzw. Zubehör, welche uns (eigentlich Ironchris) gefehlt haben. Zum einen eine funktionierende Pumpe und zum anderen Reservebremsbelege. Ironchris musste wiederum in den sauren Apfel beißen und eine super Downhillstrecke wie ein Mädchen runterfahren ;-) Wir haben noch ein paar weitere Regeln aufgestellt, die fassen wir Euch dann gesondert zusammen.

Euer Wolfgang

Snick hat gesagt…

wolfgang!

haargenau. die goldene regeln nr 1 besagt ja, dass die goldenen regeln unbedingt einzuhalten sind. wie etwa die regel aus dem jahr 2005, dass man niemals nach 1700 uhr noch mehr als 1.000 hm planen soll. wir haben es geschafft, jeden tag gegen diese regel zu verstoßen! =O)

lg
snick