Urlaub am Bauernhof…


Alles über Peters verrückte Idee an einem Tag mit dem Rad von Passau nach Wien zu fahren. Ein Bericht von IronChris. Fotos von Snick.

…das war der klingende Name des Zuges der uns am Freitag, den 14. März, vom Wiener Westbahnhof Richtung Passau brachte. Die Vorbereitung zu dieser Zugfahrt und den darauffolgenden Tag waren minutiös von unserem Regisseur Peter durchgeplant. Von Stirnlampen bis zu Neoprensocken hatten wir alles dabei, das wichtigste waren allerdings unsere einspurigen motorlosen Untersätze (im Volksmund Rennräder genannt). Zum Zeitpunkt des Treffpunktes am Westbahnhof regnete es in Strömen, was sehr positive Auswirkungen auf den ausgetrockneten Boden im Raum Wien hatte, jedoch von uns als suboptimale Rahmenbedingungen interpretiert wurde.

Pünktlich um 17:40h verließ der Zug den Bahnhof. Mit an Bord bei dem Vorhaben von Passau nach Wien mit dem Rad in einem Tag zu fahren waren Snick, Andi, Peter und ich. In Wels wechselten wir den Zug und stiegen in einen Regionalzug um. Der war zwar einer von der neuesten Generation, jedoch ließ zunächst das Raumangebot im Zug zu Wünschen übrig – Ölsardinen in einer Konservendose fühlen sich im Vergleich zu uns wie Raumschiff Enterprise in den unendlichen weiten des Alls. Nachdem wir in Passau fast ohne Umweg unser Quartier für die Nacht gefunden hatten und einige Kohlehydrate in Nudelform zu uns genommen hatten, war Nachtruhe angesagt.

Der nächste Tag begann für uns um 5:45h. Da für ausgiebiges Frühstück und andere morgendliche Gewohnheiten in unserem Zeitplan kein Platz war, saßen wir um 6:30 auf unseren Rädern. Kolportiertes Tagesziel: Das 310 Kilometer entfernte Wien. Es war bewölkt, hatte ca. 7 Grad und die Luftfeuchtigkeit war noch immer sehr hoch, da es die Tage zuvor stark geregnet hatte. Die ersten Kilometer gingen locker-flockig von der Hand, da es einige gewollte und ungewollte Zwischenstopps gab. Kilometer 8: Ein Platten im Vorderrad bei mir. Kilometer 15: Kaffeepause in einer Bäckerei. Nach diesen Vorkommnissen war für uns nicht schwer zu erraten: Wenn es so weitergeht, erreichen wir Wien am gleichen Tag nicht mehr. Daher ergab es sich, daß wir auf der Bundesstraße zwischen Schlögen und Linz das Tempo etwas forcierten. Besonders meine Person war sehr motiviert und leistete auf diesem Stück etwas flottere Führungsarbeit…

Bei der Ortseinfahrt Linz waren wir gut drauf und lagen perfekt im Zeitplan unseres Regisseurs. Nach einem kurzem Refreshment-Break inkl. warmen Tee, Bananen und Trauben-Nuss-Schoko ritten wir weiter Richtung Osten, nach Grein an der Donau um genau zu sein. Unsere fast leeren Kohlehydratspeicher füllten wir dort in einer Pizzeria mit Suppe, Pasta, Pizza und Bier auf. Zu diesem Zeitpunkt (Kilometer 146) waren an uns bereits deutliche Verbrauchsspuren zu identifizieren – rote Augen, schlappe Gesichter und müde Körper….

Nachdem wir uns wieder auf unsere Räder gehievt hatten, gings weiter; die Anfangseuphorie war längst mit dem nicht vorhandenen (aber erhofften Westwind) verflogen. Schon kurz nachdem wir neuerlicher im Sattel saßen, ließen meine Kräfte nach und ich konnte nur mehr im Windschatten der übrigen Drakes mithalten. Gottseidank gabs bis Wien keine Höhenmeter mehr. Vielleicht war das etwas erhöhte Tempo zuvor auf der Bundesstraße der Grund für den Ast, mit Ausreden möchte ich an dieser Stelle aber nicht spekulieren. Beim Durchqueren der Wachau hat Peter endgültig die rote Laterne übernommen, die er - wie sich später zeigen sollte - bis Wien nicht mehr hergeben konnte. In Spitz retteten wir uns in ein Restaurant-Cafe. Melange, Bananen, Powergel und Müsliriegel sollten uns wieder auf die Beine bringen. Unsere Motivation hatte den Tiefststand erreicht. Diverse Ausstiegsszenarien, oder besser „In-den-Zug-Einstiegs-Szenarien“ wurden elaboriert.



Wir beschlossen, bis Tulln nach Maßgabe der Kräfte weiterzufahren und dort erneut eine Bestandsaufnahme unserer körperlichen und mentalen Fähigkeiten zu machen. Rasch wurde es nun finster und unseren diversen High-Tec Beleuchtungsapparaturen waren gefragt. Das Fahren im Finsteren war ziemlich gewöhnungsbedürftig. Es waren nur Umrisse des Weges und der Landschaft zu erkennen (vielleicht hätten wir stärkere Lampen mitnehmen sollen?). Bei Zwentendorf stoppten wir ungewollt, da wir im Dunklen den richtigen Weg verpasst hatten. Nach einem kurzen U-Turn waren wir wieder on Track und bahnten uns den schwer zu findenden Weg durch eine große Baustelle. Mountainbikes hätten für diesen Untergrund besser gepasst als sensible Rennradreifen.

Endlich erreichten wir Tulln und legten kurz vor 21:00h eine Kaffeepause im Cafe am Hauptplatz ein. Mocca war angesagt. Mit unseren Kräften schaute es so aus wie der aktuelle Stand der österreichischen Regierungsarbeit: einfach traurig :=)
Aber eins war klar: Wir wollten bis Wien weiterfahren. Also brachen wir zu unserer letzten Tagesetappe auf. Vor uns lagen noch 33km. Ab nun schwanden die Zweifel und Optimismus machte sich breit: Wir werden es schaffen!

Nach einer Bruttofahrzeit von 16h15min (davon 12h19min im Sattel) passierten wir das Wiener Ortsschild am Donauradweg am Fuße des Kahlenberges. Es war vollbracht! Immer wird diese Aktion für uns ein sehr intensives Erlebnis der besonderen Art darstellen. An einem Tag so viele Eindrücke zu verarbeiten und körperlich ziemlich am Ende zu sein, war eine Erfahrung, die keiner von uns missen möchte. Unsere Teamleistung hat uns sehr imponiert und wird aus unseren Gedanken auch nicht so schnell verschwinden.



Die nächsten Radausfahrten sind schon in Planung … so stay tuned …

Aloha
IronChris i.A. Andi, Snick und Peter

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hi,

also ich habe mit euch mitgefiebert und freue mich mit Euch, dass ihr so tolles Wetter gehabt habt und vor allem, dass ihr es geschafft habt. Für mich wäre eine solch lange Tour noch zu früh gewesen. Ich habe es dann nicht einmal mehr geschafft, Euch so um 22:30 in Klosterneuburg herzlich zu empfangen. Super toller Blog von Christian! Obwohl ich eigentlich keine Zeit habe, habe ich mir die Zeit genommen, ihn zu lesen.
Freue mich auf den nächsten Radausflug, wo ich wieder dabei sein möchte. Übrigens, Peter u. Jo, wollt ihr am Samstag, den 29.03. ein kleine Tour machen?
Liebe Grüße Eure (anonymer) Wolfgang

Snick hat gesagt…

Drakes,

es war mir eine Ehre, mit euch entlang dieses Flusses zu kämpfen. 310 km sind echt eine Menge Eindrücke für einen einzigen Tag.

Danke noch mal an Peter für die Idee und tolle Planung. Danke an Christian für seine Führungsarbeit in der ersten Hälfte und an Andi für seine in der zweiten Hälfte. Wir waren echt ein tolles Team!

Am 29. bin ich dabei! Meine Handgelenke freuen sich schon wieder auf ein gemütlich gefedertes MTB... =O)

Pete hat gesagt…

Hallo Drakes,

ich möchte mich den Worten von Snick sehr gerne anschließen. Ja, es war eine große Ehre!

Das besondere an der Aktion war, dass viele sehr unwahrscheinliche, günstige Umstände zusammengetroffen haben, die das ganze noch wertvoller gemacht haben. Hier eine Aufzählung als Wiederholung für uns Passau-Wien-Finisher und als Erläuterung für die doch nicht so wenigen, daumenhaltenden "Fans" und Unterstützer:

* Erstens einmal der Umstand, dass sich so ein großes Team von der ausgesprochenen Schnapsidee begeistern hat lassen. Zwischendurch war auch schon der Plan, dass wir zu sechst fahren, d.h. inklusive Wolfi (Hr.Anonym) und meinem Bruder Mike. Ich habe schon einige sportliche Absurditäten geplant und ausgeführt und innerhalb von ca. 15 Jahren niemals so viele Gleichgesinnte zusammentrommeln können. Immer gab es das Problem, dass die Leistungslevels zu stark differieren oder wirklich seriöse Sportevents terminlich dagegen sprechen.

* Zweitens das Wetter: Mitte März erscheint am ersten Blick nicht wirklich einladend für einen 300er. Eher kalt, eher wenige Trainingskilometer, keine Fähren über die Donau offen, usw. Zwischendurch haben wir auf bis zu einem halben Dutzend Meteo-Websites fast stündlich die neuen Prognosen beobachtet, bis es dann am Donnerstag davor um 14 Uhr geheißen hat: "Bahn frei!"

* Drittens hat alles ohne grobe technische Pannen und Unfälle geklappt, was bei 75 km Nachtfahrt bzw. Blindflug (tw. auf Gatschpisten) ab Krems nicht selbstverständlich ist. Andi hat anfangs zurecht Bedenken geäußert, als es gedämmert hat. Aber die paar Wolfshunde auf diversen Donaudämmen haben uns Gott-sei-Dank passieren lassen.

* Viertens ist es meiner Meinung nach äußerst unwahrscheinlich, dass sich vier Ehrgeizler unter hoher körperlicher Belastung, wachsenden Zeitdruck und teilweise erstickenden Völlegefühl nach dem opulenten Mittagessen nicht in die Haare gekriegt haben. Dass wir außerdem alle vier schon beim Mittagessen das Tabu brechen und mit der Heimfahrt per Bahn spekulieren, ist in sehr unüblicher Art erschmetternd ehrlich. Faktum war, dass mit den Schwächephasen jedes Drakes respektvoll umgegangen wurde und die Probleme bestmöglich gemeistert wurden.

Fazit: Den Tüchtigen gehört das Glück! Wir hatten es am Samstag in wahrlich rauen Mengen.

Liebe Grüße,
Peter